Wer war Rudolf Steiner?
Dr. phil. Rudolf Steiner wurde 1861 in Kraljevec, damals Österreich, als Kind eines Bahnbeamten geboren. Er starb 1925 in Dornach, Schweiz.
Rudolf Steiner studierte mit Hilfe eines Stipendiums Naturwissenschaften und Mathematik an der Technischen Hochschule mit dem Ziel des Lehramts an Realschulen. Zusätzlich besuchte er Lehrveranstaltungen in Philosophie, Literatur und Geschichte, teilweise auch an der Wiener Universität. Dieses Studium musste er aus finanziellen Gründen abbrechen. Als Dreißigjähriger wurde er an der Universität Rostock mit einer Arbeit über Erkenntnistheorie zum Dr. phil. promoviert.
Steiner betätigte sich als junger Mann als Herausgeber von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften und verfasste Beiträge zu naturwissenschaftlichen Themen für diverse Lexika. Er arbeitete als Redakteur für die in Wien erscheinende Deutsche Wochenschrift, verdiente sein Geld aber, wie damals bei jungen Wissenschaftlern vielfach üblich, als Erzieher und Hauslehrer einer reichen Familie. Mit der Berufung 1890 an das berühmte Weimarer Archiv fand er als Goetheforscher eine auskömmliche Beschäftigung. Er verfasste umfangreiche philosophische Werke wie die „Philosophie der Freiheit“, "Wahrheit und Wissenschaft“, „Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung“ und das zweibändige Überblickswerk „Die Rätsel der Philosophie“.
Nach der Jahrhundertwende lag der Schwerpunkt seiner Tätigkeit immer mehr auf dem Eintreten für eine anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft. (Das Wort Anthroposophie leitet sich von den griechischen Worten anthropos = Mensch und sophia = Weisheit her und kommt in der Philosophiegeschichte seit dem 16. Jahrhundert in sich wandelnder Bedeutung vor. Rudolf Steiner hat den Begriff dann maßgeblich geprägt und 1913 die Anthroposophische Gesellschaft gegründet.) Rudolf Steiner erklärte die anthroposophische Methode wie folgt: „Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewusstsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.“ Durch die Anthroposophie erschließt Rudolf Steiner den suchenden Menschen des 20. Jahrhunderts einen abendländischen Weg zu einer neuen Spiritualität.
Durch den Bau des von Steiner selbst entworfenen ersten Goetheanums in Dornach bei Basel wurde die Schweiz das Zentrum seines Wirkens. Steiners Schriften umfassen 42 Bände.
Er reiste sehr viel und hat die beinahe unglaubliche Anzahl von ca. 5000 Vorträgen zu einer großen Zahl von lebensweltlichen und geistig-spirituellen Themenbereichen gehalten, die zu praktischen Auswirkungen in der Erneuerung vieler Lebensgebiete führten. (Etwa 3800 dieser Vorträge wurden als autorisierte Mitschrift herausgegeben – sie sind beim Rudolf Steiner Verlag, Dornach erhältlich.)
So wirken seine Anregungen nachhaltig bis heute z.B. in der Erziehung (Waldorfpädagogik), der anthroposophischen Medizin, in der Heilpädagogik, im künstlerischen (Architektur, Malerei, Eurythmie, Sprachgestaltung) sowie im landwirtschaftlichen (biologisch-dynamische Methode – Demeter-Bund) und im sozialen Bereich (Dreigliederung des sozialen Organismus), wo er sich u.a. für die Aufstellung von Betriebsräten einsetzte.
Mit seiner kühnen Architektursprache beim zweiten Goetheaneum aus dem Werkstoff Beton, der das abgebrannte erste Haus aus Holz ersetzte, inspirierte Steiner nachweislich bedeutende moderne Architekten wie Le Corbusier, Henry van de Velde, Frank Lloyd Wright, Erich Mendelsohn, Hans Scharoun, Frank O. Gehry sowie Hinrich Baller.
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